In memoriam Univ.-Prof. Dr. med. Viktor DostalViktor Dostal

 

Am 28. Dezember 2016 verstarb, friedlich und im Kreise seiner Familie, Prof. Viktor Dostal im 93. Lebensjahr. Mit ihm haben wir eine viel geachtete Persönlichkeit, einen geschätzten Kollegen und vor allem einen liebenswerten Menschen verloren.

Viktor Dostal wurde am 4. Februar 1924 in Mährisch-Schönberg, Tschechoslowakei, als einziges Kind des dort tätigen praktischen Arztes geboren. Seine Jugend verlief wohlbehütet, allerdings verstarb seine Mutter frühzeitig, als er 15 Jahre alt war. Mit  Ende der Gymnasialzeit wurde er zum Wehrdienst eingezogen und erlebte als Soldat die furchtbare Zeit des 2. Weltkrieges. In den letzten Monaten des Krieges an Typhus erkrankt, konnte er während des Lazarettaufenthalts bei Blutabnahmen die ersten medizinischen Erfahrungen sammeln.

Obwohl nach Kriegsende an allen Universitäten die wenigen angebotenen Studienplätze vollkommen überlaufen waren, gelang es ihm, bereits im Wintersemester 1945 einen Platz an der Med. Fakultät in Marburg an der Lahn / Deutschland zu erhalten. Seinen Vater konnte er erst Anfang 1946 wiedersehen, denn er wurde wie fast alle „Sudetendeutschen“ auf Grund der „Benes-Dekrete“ aus seiner mährischen Heimat vertrieben. Viktor Dostal promovierte 1951 mit der Dissertation „Über die Blutdruckerhöhung der kindlichen Nephritis“. Im selben Jahr absolvierte er sein klinisch praktisches Jahr an der Chirurgie in Marburg, wo er seine erste wissenschaftliche Publikation über die „Anwendung der Photografie in der Medizin“ veröffentlichte.

Die hohe Akademikerarbeitslosigkeit dieser Zeit machte es unmöglich, eine bezahlte Arbeitstelle in einem Krankenhaus zu finden. Aber es gelang ihm eine Assistentenstelle im Institut Emil von Behring zu erhalten, wo er unter Univ. Prof. Dr. Richard Haas an der Entwicklung eines Poliomyelitis-Impfstoffes mitarbeitete, der dann 1958 auf den Markt kam. Als Prof. Haas 1957 als Ordinarius nach Freiburg im Breisgau berufen wurde, nahm er Viktor Dostal als Assistent an das Institut für Hygiene und Mikrobiologie mit. Bereits 1960 erfolgte der erste große Karrieresprung:  Dr. Viktor Dostal übernahm die Leitung der Virologie am Schweizer Serum- und Impfinstitut in Bern. In seiner Berner Zeit wurde ein neuer, lyophilisierten Pockenimpfstoff entwickelt, durch den die Pocken weltweit  eradiziert werden konnten. Deshalb wurde Dr. Dostal als Experte auf dem Gebiet der Impfstoffherstellung von der WHO nach Pakistan, Irak, Libanon, Jordanien und Ägypten entsandt.

1968 nahm er die Einladung von Univ. Prof. Dr. Josef Richard Möse, Ordinarius für Hygiene an der Universität Graz, an und habilitierte über die „Herstellung von gereinigten, flüssigen, lyophilisierten Virussupensionen“. Der damalige Ordinarius des Wiener Krebsforschungsinstitutes, Univ. Prof. DDr. Heinrich Wrba, hat 1970 Prof. Dostal gebeten, auf dem Gebiet der Onkogenen Viren zu forschen und so ging er 1971 nach Wien. Es folgte die Umhabilitierung an die Universität Wien und 1978 die  Ernennung zum a.o. Univ.-Professor. Während seiner beruflichen Tätigkeiten hat er mehr als 150 wissenschaftliche Publikation veröffentlicht, darunter zahlreiche Handbuchbeiträge.

Bereits kurz nach der Übersiedlung von Graz nach Wien eröffnete Prof. Dostal 1972 eine Privatordination im 19. Bezirk, die er im Laufe der Zeit zu einem Immunologischen Speziallabor ausbaute. 1975 erfolgte die Verlegung der Ordination an einen anderen Standort und ein Vertragsabschluß mit den Krankenkassen.

Im Jahre 1980 wurde er mit der Leitung des Bundesstaatlichen Serumprüfinstitutes in Wien betraut, das er nach dem Vorbild des Paul Ehrlich Institutes in Frankfurt/Main aufbaute. Hier wurden alle biologischen Arzneiwaren geprüft, um eine staatliche Freigabe zu erhalten. Im Zuge dieser Tätigkeit war Prof. Dostal bis zu seiner Pensionierung 1988 in zahlreichen Expertengruppen der Europäischen Pharmakopoe in Straßburg tätig.

Ab 1988 konnte sich Prof. Dostal vermehrt dem Ausbau seines Privatlabors widmen. Seine dauernde Suche nach neuesten Untersuchungsmethoden führte dazu, dass er das erste Flowzytometer in Österreich 1988 implementierte, und somit gerüstet war für die Bestimmung der sog. Helferzellen der bis dahin noch unbekannten HIV-Infektion. Seine Gattin Dr. Elisabeth Dostal war ebenfalls jeglichen Neuentwicklungen gegenüber aufgeschlossen und so wurde die Anwendung innovativer Methoden auch nach der Laborübergabe an Sie weiter vorangetrieben. Seit 1992 wird das Labor von Dr. Elisabeth Dostal, Fachärztin für med. chem. Labordiagnostik, geleitet und steht auch zukünftig in gewohnter Qualität allen Ärzten und deren Patienten zur Verfügung. „Daran soll sich auch in Zukunft nichts ändern“ – war der Wunsch des Verstorbenen.

Schon kurz nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ 1989 knüpfte Prof. Dostal frühzeitig Kontakt zum Krankenhaus in Sumperk / Mährisch Schönberg, seiner ehemaligen Heimat, und zum Tschechisch-Deutschen Begegnungszentrum, zu dessen Präsidenten er 1993 gewählt wurde. Gemeinsam mit den Vertretern der Stadtregierung gründete er die „Dostal-Stiftung“, die jährlich zu seinem Geburtstag ein Stipendium zur Ausbildung von jungen Ärztinnen und Ärzten vergibt. In Würdigung seiner Verdienste für das Schönberger Krankenhaus wurde er 1994 zum Ehren-Primarius der Allergologisch-Klinisch-Immunologischen Abteilung ernannt.

Außerberuflich liebte Viktor Dostal nicht nur klassische Musik, sondern seit seiner Kindheit die Fotografie und später alles, was mit Filmtechnik zu tun hatte. So hat er sich sein Refugium im Keller des Hauses zu einem „Kleinen ORF“ gestaltet, um seine zahlreichen Filme auf höchstem technischem Niveau bearbeiten zu können. Seine spätere Leidenschaft, das Segeln, wurde durch seine Gattin initiiert und führte die beiden zu unvergesslichen Erlebnissen durch das ganze Mittelmeer.

Die Ärzteschaft verliert mit Univ. Prof. Dr. med. Viktor Dostal eine große Persönlichkeit und einen bedeutenden Wissenschaftler, der viel dazu beigetragen hat, die Menschheit von den Geißeln Polio und Pocken zu befreien.

Unser Mitgefühl gilt nicht nur seiner Gattin, sondern auch seiner gesamten großen Familie.

Wir werden ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren.

 

Im Namen der ÖGLMKC

 

Dr. Georg Mustafa

Präsident der ÖGLMKC